Somatic Experiencing SE
„Das Erwachen des Tigers: Unsere Fähigkeit, traumatische Erfahrungen zu transformieren“,heisst der symbolträchtige Titel des ersten Buches von Dr. Peter A. Levine. Er ist der Begründer der Methode Somatic Experiencing SE.
Die Gestalt des Tigers ist kraftvoll. Der Tiger, das Logo für Somatic Experiencing, zeichnet seine Grenzen und nimmt klar seinen Raum ein. Er ist in seiner majestätischen Präsenz ganz aufmerksam, ganz da. Das sind einige der Qualitäten, die Somatic Experiencing® SE anstrebt.
Dr. Peter A. Levine, der Begründer von Somatic Experiencing® SE, ist Doktor der medizinischen und biologischen Physik. Er arbeitete während der Entwicklung des Spaceshuttle als Stressberater bei der NASA. In den 70er Jahren hatte er wilde Tiere in lebensbedrohlichen Situationen beobachtet. Damit begann ein intensives Studium zum Thema Schock und Trauma. Seine Aufmerksamkeit galt insbesondere dem Totstellreflex. Diese Erkenntnisse aus der Tiewelt hat er auf den Menschen übertragen und entwickelte in den letzten Jahrzehnten „Somatic Experiencing® SE“. Übersetzt: körperliches Erleben.
Das erleben der Körperempfindungen ist der Fokus im Somatic Experieng SE
Eine zentrale Schlüsselfrage seiner Forschung war: „Warum haben Tiere in der freien Wildbahn meistens keine traumatischen Spätfolgen?“ Da unser menschliches Nervensystem dem der höheren Säugetiere sehr ähnlich ist, hat Peter A.Levine hier einen wichtigen Schlüssel gefunden: Tiere leben vor allem im unmittelbaren Erleben und Wahrnehmen ihrer Umgebung und ihrer Körperempfindungen. Mensch sind meistens im Denken zuhause und sind somit abgeschnitten von ihrem körperlichen Erleben. Das körperliche Erleben ist jedoch der Schlüssel zur Aufhebung des Todstellreflexes im Nervensystem. Somit ist ein wesentlicher Teil des traumatischen Geschehens bei Mensch und Tier der Totstellreflex, der in die Erstarrung führt und die innere Selbstregulation blockiert.
Der Totstellreflex führt in die Erstarrungsreaktion
Bei den Tieren ist diese Erstarrungsreaktion des Nervensystems nur von kurzer Dauer. Beim Menschen, oder bei Haustieren, kann er jedoch über sehr lange Zeit auf verschiedenen Ebenen aktiv bleiben. So löst der quasi steckengebliebene Totstellreflex das Gefühl von Rückzug, Ohnmacht, Erstarrung, „ich kann nicht“ bis hin zur Depression aus. Das Gewebe, insbesondere die Faszien und die Muskulatur verlieren ihre Flexibilität und verursachen Schmerzen. Eine weitere Folge ist Dissoziation, d.h. nicht präsent sein können, sich wie im Nebel fühlen. Depression, Müdigkeit, Erschöpfung, Schwindel, Ohnmacht, Teilnahmslosigkeit, Gefühllosigkeit, Unbeweglichkeit, Konzentrationsstörungen und anderes können die Folgen sein.
Somatic experiencing arbeitet direkt mit der Auflösung der Erstarrungsreaktion, der Wiederherstellung der Flexibität und Resilienz
Somatic experiencing macht sich diese Erkenntnis zu Nutze. Traumaheilung geschieht, wenn wir uns in einer sicheren Umgebung die Möglichkeit geben, bewusst unsere Bewegungen, Körperempfindungen, Emotionen, Bilder und Gedanken zu erleben und es dadurch zu körperlich spürbaren Entladungsreaktionen und zu Neubahnungen der Synapsen im Gehirn kommt.
Die Polyvagal-Theory des vegetativen Nervensystems des Neurobiologen Stephen Porges hat die Forschungen von Peter A. Levine bestätigt und erweitert und findet in der Ausübung von Somatic experiencing seine direkte Anwendung. Mehr dazu unter dem Stichwort Trauma.